Die Gebetszeiten und die Lichtverschmutzung
(Bild: Hobby-Astronomen im Cuenca Mountains Natural Park in Spanien, 170 km westlich von Madrid. Das Licht im Hintergrund ist nicht die Dämmerung, sondern der Lichtkegel von Madrid.)
Nicht nur die moderne Zeit hat uns von der Natur abgekoppelt, auch das aufkommen der Elektrizität hat gravierende Auswirkungen. Mehr als die hälfte der 8 Milliarden Menschen auf der Erde leben in Städten. Mehr als 90% der Nordamerikaner und Europäer leben heute in Gebieten mit hoher Lichtverschmutzung. Wo der Mensch lebt, wird die Welt hell erleuchtet. Städte, Autobahnen, Häfen, Industrieanlagen und auch das Licht unserer Häuser, alles trägt dazu bei unseren Himmel mit künstlichem Licht zu verschmutzen. Wer in so einer Welt den Nachthimmel beobachtet, der findet oft fast keinen Stern mehr. Und die Astronomische Dämmerung ist der Zeitraum, an welchem das Sternenlicht als letzte Lichtquelle heller wird als das verbleibende Sonnenlicht. Erst mit diesen Bedingungen wird die Schönheit des Himmels und die Milchstraße Sichtbar. Aber wer hat heutzutage noch die Möglichkeit diese zu beobachten?
Daher muss jeder Mensch verstehen, dass das Licht unserer Siedlungen mittlerweile stärker geworden ist als die astronomische Dämmerung. So erkennen wir nur noch das Licht der späteren Morgendämmerung, das in seiner Stärke die Lichtverschmutzung übertroffen hat. Dies erklärt auch, warum unterschiedliche Personen den Fadschr unter verschiedenen Winkeln zu erkennen glauben. Denn nicht jeder Ort und jede Region sind von der Lichtverschmutzung gleich stark betroffen.
Die Beobachtung des Fadschr am Horizont
(Bild: Hemisphärischer abendlicher Frühlingsnachthimmel mit der Milchstraße (in der rechten Bildhälfte) im Internationalen Sternenpark Westhavelland bei zwar wolkenlosem, aber leicht dunstigem Himmel während der astronomischen Dämmerung ohne Mondlicht. Rings herum ist am Horizont die in der Troposphäre durch Streulicht hervorgerufene Lichtverschmutzung der umliegenden Ortschaften zu sehen, im Osten (links) die Lichtglocke vom 50 bis 90 Kilometer entfernten Berlin.)
Wichtig für die Beobachtung der Gebetszeiten ist jedoch nicht der Sternenhimmel, sondern der Horizont. Allerdings ist dieser oft von Städten und Dörfern überlagert, deren Lichter noch bis zu 200 km weit in der Atmosphäre sichtbar sein können. In einer wahren Nacht würde der Himmel mit dem Horizont verschmelzen und beide eine fast einheitliche schwarze Fläche bilden, auf der die Sterne direkt am Horizont zu erkennen wären. Orte mit solchen Bedingungen sind allerdings selten geworden und könnten nur wiederkehren, wenn die Menschen ihre Elektrizität ausschalten würden. Der Mensch hat sich stets an neue Gegebenheiten angepasst, und nur noch wenige Menschen haben solche Nächte mit bloßem Auge beobachtet. Daher ist es nicht überraschend, dass heute manche behaupten, es sei zum Zeitpunkt des Morgengebets noch stockdunkel gewesen. Dies kann man ihnen nicht verübeln, da sie die wahre Nacht nicht mehr kennen.
Was jedoch kritisiert werden kann, ist das Geben von Fatwas und das Irreführen der Muslime in dieser bedeutenden Angelegenheit der Ibaadah. Die Fatwas sowohl der großen Gelehrten als auch der Astronomen vergangener und gegenwärtiger Zeiten liegen vor. Es ist ihnen nicht gestattet, ohne fundiertes Wissen über der Astronomie in diesen Angelegenheiten Urteile zu fällen. Und sie sind uns auch die Fatwas, auf welche sie sich angeblich berufen schuldig geblieben, die ihre Gradangaben und Methoden bestätigen, denn solche existieren nicht. Sollte jemand eine solche Fatwa besitzen, auf welche wir seit mehr als 10 Jahren warten, würden wir diese gerne einsehen und dazu Stellung nehmen.
Somit schließen wir diesen kurzen Artikel ab, mit dem Verweis auf das Urteil der Gelehrten:
In seinem Buch „Der echte Fadschr (Morgendämmerung)- zwischen der Festlegung im Quran und der sprachlichen Verwendung“ (das Vorwort wurde von den beiden Großgelehrten Sheikh Salih Al-Fawzan und Sheikh Abdul Aziz Al-Sheikh verfasst) schrieb der Autor Ustadh Doktor Ibrahim Bin Muhammed Al-Sabeheeh:
„Wenn nun eine Person oder ein Imam kommt und sagt: „Die Leute beten zu früh!“ und eine andere Person sagt (zu ihnen): „Betet nicht!“ und eine weitere Gruppe sagt: „Wiederholt das Gebet oder euer Gebet ist ungültig!“, dann handelt es sich dabei um ein Säen von Zweifeln in einer der gottesdienstlichen Handlungen. Dies ist nicht erlaubt, außer basierend auf einer Fatwa (islamischen Rechtsgutachten) durch die höchste Instanz der islamischen Rechtsgebung in diesem Land. Dies ist dadurch bedingt, dass diese Angelegenheit in Zusammenhang mit der gewaltigsten gottesdienstlichen Handlung steht und es obliegt keiner Person sich in diese Angelegenheiten basierend auf seiner Ansicht einzumischen. Die Menschen sind sich nicht befähigt über die astronomischen und rechnerischen Fragestellungen zu urteilen, sowie was im Zusammenhang mit den Gebetszeiten und deren Berechnung steht, unabhängig davon ob es um die Sichtung oder die Berechnung geht. Dementsprechend gebührt es diese Angelegenheit den Spezialisten zu überlassen, so bleibt die Angelegenheit in ihrer ursprünglichen Form und es ist nicht erlaubt ihr hinsichtlich Zweifel zu verbreiten.“
Videos & Dokumentationen zur Lichtverschmutzung
Quarks: Lichtverschmutzung: Darum siehst du in Städten kaum Sterne
NZZ Wie Licht uns Menschen schadet
National Geographic: Where Are the Stars? See How Light Pollution Affects Night Skies
DW: Why you should care about light pollution
CBS News: New LED lights may be causing more light pollution, washing out our view of the stars